Nein, das ist kein Mantra. Es ist der Titel eines Songs in der Sesamstraße über das „wütend sein“. Das ist lange her. Heute würde niemand mehr so einen Song machen. Wut ist out. Höchstens Kinder dürfen heute noch wütend sein (aber auch nur ein bisschen, und dann muss es wieder gut sein). Erstaunlich, dass so eine wichtige emotionale Funktion in unserer Gesellschaft ausgesperrt zu sein scheint. Klar, Wut ist eine ziemlich gefährliche Angelegenheit, siehe oben. Cool betrachtet, ist sie nichts anderes als eine extreme Abwehrreaktion. Sie wurde in der Natur-Geschichte entwickelt, um Energie freizusetzen bei gefährlichen Angriffen. Und sie ist höchst emotional, überwindet die Angst und jede rationale Zögerlichkeit.
Stelle dir einmal ein Meeting vor, das weitgehend im woken Blablabla verläuft. Gibt es in der Tat reichlich. Und stelle dir auch noch vor, du schlägst wütend mit der Faust auf den Tisch, um dich gegen das Geschwafel zu wehren. Macht allerdings niemand (mehr).
Was das mit Meditation zu tun hat? Unser Hirn ist Weltmeister im Verdrängen. Auf Dauer hat das bekanntlich fatale Auswirkungen: auf unser Wohlbefinden, auf unsere geistige Freiheit und letztlich auch auf die körperliche Gesundheit. Und Meditation ist eine sehr clevere Methode zur Reinigung unseres inneren Haushaltes. Dabei geht es nicht immer sanft zu, wie man sich das heute bei dem Begriff „Meditation“ so denkt. Meditation ist ein revolutionärer Prozess. In einer berühmten Zen-Geschichte brüllt der Meister in die Stille hinein: „Kazzzz!“
Bei meinem ersten Sesshin habe ich am vierten Tag zum Lehrer gesagt: „Du kannst mich mal ......... “. Das war sehr heilsam, zumindest für mich. Wut ist nicht nur böse, sondern ein wichtiger Katalysator. In der healingformula App gibt es die Übung „Der Löwe“. Das ist schon mal ein Anfang. Noch besser wäre es, irgendwo in der Natur, wo du alleine bist, einmal nach Herzenslust zu brüllen, ja wirklich laut und lang andauernd brüllen.
Gassho
Paul
Kommentare
Manja
Ich mag Wut nicht. Es ist ein bisschen, als ob man die Kontrolle verliert. Und dann die Stimmen meiner Eltern: Reiß dich zusammen, du bist hier nicht alleine, es kann nicht immer nach dir gehen, usw. Und die zerstörerische, laute Wut meines Vaters, der in erster Linie unsere Herzen damit zerbrochen hat.
Was für eine Kunst, dachte ich immer, seine Wut nicht zu zeigen und noch besser: keine Wut zu fühlen. Dennoch, Wut hilft, Grenzen zu setzen. Eigene und die der anderen, wenn sie angegriffen werden. Und dann kann man auch mal im Meeting mit der Faust auf den Tisch hauen. Aber nur dann.
Und ja, es wird Zeit, meinen Boxsack mal aufzubauen. Er steht in der Ecke, immer noch unausgepackt. Wut rauslassen ist wie ausatmen, habe ich gemerkt, sehr heilsam. Hilft, nicht zu ersticken. Vielen Dank für die Provokation.