Es gibt sogenannte archetypische Bilder, die bei vielen Menschen sehr ähnliche und oft tiefgreifende emotionale Reaktionen hervorrufen. Der Baum gehört dazu, das Haus, der Fluss, der Berg, das Meer.

Kannst du dich erinnern, was für ein Gefühl auftauchte in deinem Innern, als du das Bild oben von diesen zwei Bäumen zum ersten Mal gesehen hast? Einige der üblichen Assoziationen sind: kraftvoll, langlebig, natürlich, sicher, verwurzelt, beschützend ...

Es ist auch kein Zufall, dass Buddha seine transzendente Erfahrung unter dem berühmten Bodhi-Baum gemacht hat. Schließlich verbindet der Baum die Erfahrung von Erde (verwurzelt sein) mit dem Streben zum Himmel (Erleuchtung). In der Yoga-Praxis gehört der Baum zu den Standard-Asanas.

Im kulturellen Gedächtnis »der Deutschen« ist der Baum auf eine ganz besondere Weise präsent. Die germanischen Stämme waren bis nach der Römerzeit nämlich Wald-Völker. Diese starke heimatliche Verbundenheit mit dem Wald (= viele Bäume) ist tiefenpsychologisch in unserem Bewusstsein verankert.

Was haben wir nur daraus gemacht? Das »Waldsterben« vor einigen Jahrzehnten haben wir ja überstanden – dann wird wohl auch das Klima-Problem nicht so schlimm sein. Der Sommer ist doch wieder ganz schön in diesem Jahr in Neu-Germanien ...

Die erste unangenehme Erkenntnis ist: Wir sind nicht nur Wald-Meister, sondern auch Welt-Meister im Verdrängen. Wir mogeln uns irgendwie durch. Was soll ich als Einzelner denn auch wirksam für das globale Klima tun? Vielleicht reicht es noch für eine gewisse Melancholie: Schade um den schönen Wald. Selbst Menschen, die noch 50 oder sogar 80 Lebensjahre vor sich haben, schauen mit einer erstaunlichen Gleichgültigkeit in die Zukunft.

Was soll ich auch tun?

Die konsequente Antwort ist tatsächlich: NICHTS. Kein Aktionismus, kein »Ablasshandel«, wie der Psychologe Stephan Grünewald unsere kleinen Umwelt-Goodies bezeichnet: ein wenig Energie sparen, ein wenig mehr Öko, mehr Fahrradfahren (natürlich E-Bike) statt Auto ...

Zurück zu Buddha. Der war total geflasht vom Leiden in dieser Welt und hat versucht, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Es hat nicht geholfen. Das Problem war zu groß, zu existenziell. Also hat er sich hingesetzt und gewartet – es geschehen lassen.

Das ist nicht nur spirituell, sondern auch ganz realitätsnah. Es ist wie ein persönliches Koan für jeden von uns. Das heißt Zukunft. Dieses Koan lässt sich nicht lösen durch Aktivismus - es lässt sich auch nicht lösen durch Wegschauen. Ein ‚Offener Geist‘ ist das Einzige, was du beisteuern kannst, bis sich für dich ganz persönlich eine/die Lösung ergibt.

Noch gibt es ja Wälder, da kann man das gut ausprobieren, was ich versuche zu sagen. Sich an einen Baum setzen und warten in ‚open mind‘ bis ‚er‘ antwortet. Das ist nicht nur eine interessante Übung, sondern ein Booster für Kreativität. Vielleicht verrückt, jedenfalls besser als verdrängen und wegschauen. Das kostet nur Energie und macht freudlos. Wer will das schon?

Gassho
Paul